ibh Dr.Heller Informationssysteme    www.windimnet.de

(c) ibhxws webservices

 

 

Infos zur Klassifizierung von Querschnitten, Formfaktor alpha usw.

nach DIN EN 1999-1-1 Aluminiumtragwerke

bei VHF-Unterkonstruktionen

 

 


 

Vorbemerkungen

 

Ähnlich wie im EC3 Stahlbau sind auch im EC9 Aluminiumtragwerke Querschnitte

mit druck- oder biegedruckbeanspruchten Querschnittsteilen einer Klassifizierung

zuzuführen. Mit der Klassifizierung soll die Begrenzung der Beanspruchbarkeit und

Rotationskapazität durch lokales Beulen definiert werden.

Es sind die folgenden vier Querschnittsklassen festgelegt:

Querschnitte Klasse 1 (QK1)

Plastische Momententragfähigkeit und Rotationskapazität (Gelenke, Fließzonen).

Ermittlung Formfaktor alpha mit Wpl.

Detailangabe zu QK1 in EC9, Anhang G, F.

Querschnitte Klasse 2 (QK2)

Plastische Momententragfähigkeit und begrenzte Rotationskapazität infolge

örtlichen Beulens.

Ermittlung Formfaktor alpha mit Wpl.

Querschnitte Klasse 3 (QK3)

Keine plastische Momententragfähigkeit infolge örtlichen Beulens.

Dehngrenze in der äußersten druckbeanspruchten Faser des Querschnittes.

Ermittlung Formfaktor alpha unter Berücksichtigung von Wpl, Wel und

Schlankheitsparametern der Querschnittsteile.

Querschnitte Klasse 4 (QK4)

Örtliches Beulen vor Erreichen der Dehngrenze in einem oder mehreren

Querschnittsteilen.

Ermittlung Formfaktor alpha mit dem effektiven Widerstandsmoment Weff.

Weff definiert eine ggf. erhebliche Abminderung der Tragfähigkeit über den

Ansatz effektiver (reduzierter) Materialdicken teff mit dem Beulfaktor rhoc.

Der Beulfaktor wiederum ist abhängig von der Werkstoffklassifikation (Beulklasse BC),

der Lage der Teilflächen und Schlankheitsparametern.

 

 

Beispiel QK4: Spezialprofil T 120/50/2 mm, lokales Ausbeulen des Steges  (Foto: ibh Dr. Heller)

 

Im Rahmen der Nachweisführung von VHF-Unterkonstruktionen werden die oft dünnwandigen

Querschnitte i.d.R. in QK4 klassifiziert. In Abhängigkeit der Bekleidung und deren

Befestigung (Nietung, Klebung Hinterschnitt u.a.) und des entsprechenden UK-Systems

sind die Klassifizierungen folgender Strukturkomponenten erforderlich:

Die Klassifizierungen sind weiterhin zu differenzieren für Mehrfeldsysteme in den

Feldern, über den Stützungen und für evtl. Kragarme.

Zusätzlich sind Klassifizierungsangaben erforderlich für die Lastfälle Windsog, Winddruck

und Eigenlasten sowie für Doppelbiegungen bei horizontalen Halteprofilen HPhz

im Hinterschnittkontext bzw. bei VHF-UKs mit horizontalen Tragprofilen.

Die konkrete Klassenzuordnung erfolgt in Abhängkeit des Schlankheitsparameters beta

differenziert für Querschnittsteile in Biegeträgern oder Druckstäben.

Bei unterschiedlichen Klassen einzelner Querschnittsteile wird der Gesamtquerschnitt in die

höchste Klasse eingeordnet.

Für die spezifische Nachweisführung der Biege- bzw. Drucktragfähigkeit sind mit Kenntnis

der Querschnittsklasse effektive Widerstandsmomente, effektive Flächen, effektive Dicken

über z.B. Formfaktoren, Beulfaktoren usw. in den Berechnungen zu berücksichtigen.

Die prinzipielle Vorgehensweise ist weiter unten erläutert.

 

Eine Integration dieses sehr hohen Klassifizierungsaufwandes bzw. die Ermittlung der

Faktoren in die einzelnen VHF-Webservices ist technisch und finanziell nicht praktikabel.

Es wird deshalb folgende Lösung vorgeschlagen bzw. realisiert:

1. Externe Klassifizierung

Zuordnung der Querschnittsklasse für die massgeb. Strukturelemente für die

einzelnen Lastfälle bzw. Beanspruchungsvarianten.

Klassifizierung Tragprofile fuer Druck im Stegbereich und im Flanschbereich.

2. Externe Ermittlung Formfaktor alpha, Beulfaktor rhoc usw. nach EN 1999-1-1, Tab. 6.4

Mit der entspr. Querschnittsklasse ist der Formfaktor unter Beachtung

der jeweiligen Wpl, Wel und Weff zu berechnen.

I.d.R. interativer Vorgang, siehe unten aufgeführtes Beispiel T100/50/2.

Bei Tragprofilen Ermittlung min.Weff aus Weff QK fuer Steg und Flansch.

3. Eingabe der massg. Faktoren in die VHF-Webservices

Nach einem ersten Rechengang z.B. mit einem

Pauschalformfaktor alphay,TP = 0.5 für QK4 liefert der Webdienst die Stelle der

max. Beanspruchung z.B. für das Tragprofil für Windsog, Winddruck, Feld,

Stütze, Kragarm.

Für diese Stelle ist dann der extern ermittelte min. Formfaktor einzugeben und

die Nachweis führen (sichere Seite).

Hinweis:

Auf der Basis der Querschnittsklassifizierung ist es möglich, daß sich der ungünstigste

Nachweis im Gesamtsystem nicht aus max. MEd ergibt !

Vorteil:

Spezialquerschnitte, Verstärkungen oder Aussteifungen können ohne

großen internen Aufwand berücksichtigt werden.

Nicht beulgefährdete Querschnitte (z.B. aufgenietete Winkel) können mit alpha = 1.0, also

mit dem Widerstandsmoment Wel behandelt werden.

Mit Formfaktoren alpha > 1.0 können ggf. plastische Tragfähigkeitserhöhungen

abgeschätzt werden.

In den VHF-UKs sind dann z.B. folgende Formfaktoren von Bedeutung:

alphay,TP = Formfaktor Tragprofil für MRd,y

alphay,KFP = Formfaktor Konsole Festpunkt für MRd,y

alphay,HPhz = Formfaktor Halteprofil HPhz für MRd,y

alphaz,HPhz = Formfaktor Halteprofil HPhz für MRd,z

alphay,PTPv = Formfaktor Plattentragprofil PTPv für MRd,y

alphay,B = Formfaktor Beetle für MRd,y System Conarc

 


 

Ermittlung vorh. Schlankheitsparameter

 

Spezielle Ansätze für die Schlankheit beta sind erforderlich, wenn die druckbeanspruchten

Querschnittsteile ausgesteift sind, z.B. durch Aufkantungen, Sicken usw.

Hier werden in EC9 drei Beulformen unterschieden. Details und entspr. Formeln

findet man in DIN EC 1999-1-1, 6.1.4.4

 

 

 

 

 


 

Werkstoffklassifikation, Beulklasse BC

 

 


 

Ermittlung Grenzwerte Schlankheitsparameter

 

 


 

Klassifizierung von Querschnittsteilen

 

Ein Gesamtquerschnitt wird nach der höchsten (ungünstigsten) Klasse seiner druckbeanspruchten

Querschnittsteile klassifiziert.

 

 

 


 

Effektive Parameter für Querschnittsklasse QK4 (lokale Beulgefahr)

 

Dünnwandige Profile werden i.d.R. der Querschnittsklasse QK4 zugeordnet. Für die hier vorhandene

örtliche Beulgefahr sind spezielle Tragfähigkeitsansätze erforderlich.

Der Gesamtquerschnitt wird durch einen wirksamen (effektiven) Querschnitt ersetzt. Mit einem

örtlichen Beulfaktor rhoc wird die einheitliche Blechdicke der Teilfläche reduziert

(veränderliche Blechdicken sind gesondert zu untersuchen). Mit dieser reduzierten Blechdicke

werden dann Weff und Aeff für die Tragwiderstände ermittelt.

Der Beulfaktor rhoc ist abhängig von:

 

 


 

Tragfähigkeit der Querschnitte ==> Druckbeanspruchung

 

 

 

 


 

Tragfähigkeit der Querschnitte ==> Biegebeanspruchung

 

 

 

 

 


 

Beispiel Klassifizierung, Formfaktor, Auslastungen ==> T 100/50/2

 

Klassifizierung nach DIN EN 1999-1-1:

Profil T 100/50/2 EN AW 6063 T66 

Biegebeanspruchung My, Druckzone im Steg ==> ebene, aussenliegende Teilfläche

==> eta = 1.0 

Schlankheit ==> beta = b/t = 48/2 = 24 

EN AW 6063 T66 ==> Beulklasse BC = A, ungeschweisst, t < 10 mm

==> charakt. 0.2% Dehngrenze (Streckgrenze) fo = 200 N/mm2

==> charakt. Zugfestigkeit fu = 245 N/mm2

==> epsilon = 1.12 

==> beta1 = 3.35

==> beta2 = 5.03

==> beta3 = 6.71

==> beta = 24 > beta3 = 6.71 =====> Querschnittsklasse QK4  

 

Beulfaktor, teff, Weff: 

==> Ermittlung Weff mit reduzierter Blechdicke teff = rhoc*t der gedrückten Teilfläche 

==> Klasse A, ungeschweisst, Teilfläche aussenliegend 

==> C1 = 10, C2 = 24 =====> Beulfaktor rhoc = 0.414 =====> teff = 0.83 mm  

 

Hinweis:

Ziel der Berechnungen ist die Ermittlung von Weff zur Festlegung des Formfaktors alpha.

Mit der reduzierten Blechdicke der gedrückten Teilfläche verschiebt sich auch der Schwerpunkt

des eff. Querschnittes, sodaß sich Weff aus einem interativen Vorgang ergibt.

In der Praxis sind i.d.R. drei Berechnungsgänge ausreichend.

 

1. Berechnung 

==> vorh. Querschnitt (Ausgangsquerschnitt, Bruttoquerschnitt)

==> Wel = Wy,min = 1.44 cm3 

 

 

2. Berechnung 

==> reduzierte Dicke t = 0.83 mm im gedrückten Teil, ab Schwerpunkt vorh. Querschnitt

==> Wy,min = 0.64 cm3 

==> Ermittlung neue Schwerpunktlage 

 

 

 

3. Berechnung 

==> reduzierte Dicke t = 0.83 mm im gedrückten Teil, ab Schwerpunkt 1. Berechnung

==> Weff = Wy,min = 0.63 cm3 

==> Abbruch der Iteration 

 

 

 

 

 

Formfaktor 

==> Querschnittsklasse QK4 ==> Formfaktor alpha = Weff/Wel = 0.63/1.44 = 0.438

 

 

Tragwiderstand Biegung Teilsicherheit EC9

==> Teilsicherheiten gammaM1 = 1.10, gammaM2 = 1.25

==> ohne WEZ, ohne Schwächung, Wnet = Wel 

==> Mu,Rd = Wnet * fu / gamma2 = 10^-3 * 1.44 * 245 / 1.25 = 0.28 kNm

==> Mo,Rd = alpha * Wel * fo / gamma1 = 10^-3 * 0.438 * 1.44 * 200 / 1.10 = 0.115 kNm 

==> massgeb. MRd = 0.115 kNm 

 

 

Vergleich Tragwiderstand Biegung globale Sicherheit DIN 4113 (zul. M) 

==> zul.sigmaH = 105 N/mm2

==> zul.M = Wel * zul.sigmaH = 10^-3 * 1.44 * 105 = 0.151 kNm 

 

 

Auslastung Biegung globale Sicherheit DIN 4113 (zul. M) 

==> Annahme MEk = zul.M = 0.151 kNm

==> Auslastung = MEk / zul.M = 0.151 / 0.151 = 1.0 ==> 100% 

 

 

Auslastung Biegung Teilsicherheit EC9 mit Querschnittsklassifizierung

==> Annahme MEk = zul.M = 0.151 kNm

==> Annahme MEk aus Windlast mit gammaQ = 1.5 

==> Annahme MEk wirkt an der Stelle des ermittelten Formfaktors alpha

==> Auslastung = 1.5*MEk / MRd = 1.5*0.151 / 0.115 = 1.97 ==> 197% 

 

 

Achtung !

==>     Nach EC9 in QK4 ggf. erhebliche Auslastungsüberschreitungen

           im Vergleich zu den Nachweisen nach DIN 4113 !  

==>     Mögliche Reaktionen:

- Beanspruchung MEk (z.B. Stützweite) verringern

- Windlastabminderung prüfen

- Profile mit Randverstärkungen einsetzen

- Profile differenziert aussteifen (z.B. zusätzliche Winkel)

- Blechdicke erhöhen

- Alu-Qualität erhöhen (Sonderfälle)

- Profil/Querschnittstyp ändern (Sonderfälle)

 

 

 


 

ibh@windimnet.de